Eine Hilfestellung bei Problemen im Gebetsleben
Dr. Peter Masters
Jakob aber blieb allein zurück. Da rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte anbrach. Und als dieser sah, dass Er ihn nicht bezwingen konnte, da rührte Er sein Hüftgelenk an, sodass Jakobs Hüftgelenk verrenkt wurde beim Ringen mit ihm.
1. Mose 32,25-26
Im Laufe ihres Gebetslebens können bei Gläubigen die unterschiedlichsten Probleme auftreten. Es folgt eine kleine Auswahl solcher Schwierigkeiten, für die in diesem Kapitel Lösungsmöglichkeiten vorgeschlagen werden (nicht erwähnt haben wir die Möglichkeit einer Verstockung, die auftreten kann, wenn eine schlimme Sünde nicht bekannt wird).
1. Zweifel und mangelnder Glaube
2. Herzenskälte oder ein Mangel an Motivation
3. Kein Verlangen, mit Gott in Verbindung zu treten
4. Probleme mit Zerstreutheit, mit Konzentrationsfähigkeit oder auch Müdigkeit
5. Sorgen nehmen überhand und halten vom Gebet ab
6. Vergesslichkeit gegenüber den Gebetsanliegen
7. Tendenz, mechanische Gebetsformeln zu verwenden
8. Zulassen von Ärger und Bitterkeit
9. Mangelnde Bereitschaft zur Vergebung
10. Übermäßige Gefühle, die unsere Vernunft ausschalten
BETEN, AUCH WENN MAN NICHTS FÜHLT
Wir wollen uns zuerst mit einer Gruppe von Problemen beschäftigen. Dazu gehören: fehlende Gewissheit, eine empfundene Herzenskälte beim Gebet, fehlendes Verlangen nach Gott und geringes Bedürfnis zu beten. Eine Lösung finden wir im berühmten Text von Jesaja 50,10:
»Wer unter euch fürchtet den HERRN? Wer gehorcht der Stimme Seines Knechtes? Wenn er im Finstern wandelt und ihm kein Licht scheint, so vertraue er auf den Namen des HERRN und halte sich an seinen Gott!«
Diese Worte warnen uns, dass es Zeiten gibt, in denen Empfindungen und auch eine klare Gewissheit einen Gläubigen verlassen. Aber nach dieser Anweisung des Herrn hindert uns das nicht daran, weiter zu glauben und zu beten. Deshalb sollten wir auch weiterhin unseren geistlichen Pflichten nachgehen, auf den Namen des Herrn vertrauen und uns an unseren Gott halten. Eigentlich will uns dieser Vers sagen: »Deine Gefühle machen nicht mehr mit, und deshalb kannst du nicht so empfinden, wie du es gerne möchtest. Der Feind deiner Seele nützt das offenbar aus und greift dich an; aber dadurch wird dein Gebet nicht untauglich.« Wie wir bereits zuvor erwähnt haben, sollten Sie unter solchen Umständen ohne Rücksicht auf Ihre Gefühle vor den Herrn treten, Ihren Verstand benutzen und sich allein auf Ihren Glauben stützen. Wenn Kopf und Herz nicht zusammenwirken, müssen Sie eben nur vom Kopf her beten. Wenn Sie nichts empfinden, meinen Sie vielleicht, Sie hätten sich verändert; aber Gott ändert sich nicht. Derselbe gütige Gott, der die Gebete Seiner Kinder hört und erhört, wird auch Sie hören. Sie müssen Ihm vertrauen. Diesen Rat gibt uns der Text aus Jesaja 50,10.
Wenn wir es akzeptieren, dass es durchaus legitim ist, nur vom Verstand her zu beten, fällt uns das Gebet wieder leichter. Wenn wir erkennen, dass unser Gebet nicht abhängig ist vom Gefühl der Gewissheit und noch nicht einmal von einer empfundenen Verbindung zu Gott, können wir uns dieser Aufgabe stellen. Vielleicht hat Gott an dieser Art von Gebet sogar den größeren Gefallen. Denken wir an die Behauptung Satans, Hiob würde Gott nur um seines Vorteils willen dienen, und wenn der göttliche Segen wegfiele, werde sich seine Unaufrichtigkeit herausstellen. Der Herr ließ es zu, dass Hiob alle Segnungen verlor; aber dieser Diener Gottes gab seinen Glauben an den Herrn niemals auf. Sicher beklagte er sich auf unangemessene Weise und verhielt sich anmaßend Gott gegenüber; aber er wollte vor allem herausfinden, warum der Herr so an ihm handelte. Verleugnen wollte er Ihn jedoch nie. Satans Behauptung erwies sich als falsch.
Satan ist davon überzeugt, dass auch wir Gott nur dann dienen, wenn wir uns wohl fühlen. In gewisser Weise antwortet der Herr darauf in Jesaja 50,10. Er will damit sagen: »Mein Diener wird mich suchen, auch wenn ihm nur noch der Verstand bleibt. Er wird ihn auch im Gebet gut nutzen.« Satan wird auch in unserem Fall Unrecht behalten, wenn wir ohne Rücksicht auf das, was wir empfinden, weiterbeten. Gott blickt mit besonderem Wohlgefallen auf uns, wenn wir durchhalten und selbst ohne Gewissheit oder gute Gefühle beten; denn das ist Glaube in seiner »Urform«, ohne jedes schmückende Beiwerk. Deshalb sollten wir unseren Verstand gebrauchen und uns im Lobpreis und Gebet üben, auch bei fehlenden Emotionen. Auch wenn uns das sehr theoretisch vorkommt, können wir darauf vertrauen, dass zu seiner Zeit unsere Empfindungen wieder zurückkehren.
Hilfreich beim Gebet ist auch diese Erkenntnis: Wenn wir nicht beten, berauben wir Gott des Lobpreises und somit dessen, was Ihm zusteht. Auch wenn unsere Gefühle nicht so sind, wie wir sie gerne hätten, schulden wir dem Herrn unseren Dank und unsere Anbetung. Beides dürfen wir Ihm nicht vorenthalten. Sogar wenn der Lobpreis nur vom Verstand her geschieht, hat er vor Gott volle Gültigkeit.
GEBETSPROBLEME IN DEN PSALMEN
Wenn wir nur vom Verstand her beten, erleben wir oft, wie das Herz darauf reagiert. Beispiele dafür finden wir auch in den Psalmen. Bewegende Worte von David in Psalm 13 zeigen uns, wie ihm das Herz aufgeht und er die Treue Gottes bezeugt. Dadurch lösten sich die Schatten auf seiner Seele auf, und sein Vertrauen kehrte zurück. Der Liederdichter bringt diese Erfahrung Davids so zum Ausdruck:
HERR, meines Lebens Trost und Licht,
gedenkest Du des Armen nicht?
Ach hast Du meiner ganz vergessen?
Ich hab so lang im Druck gesessen.
Verbirgst Du noch Dein Angesicht?
Ach sieh, wie lang mein Geist sich quält,
mein Herz nur Kummertage zählt!
Nichts, nichts kann mir Erquickung geben.
Mein Feind kann siegend sich erheben;
ich sinke, weil Dein Trost mir fehlt.
Schau, schau herab, ich bitte Dich,
O HERR, mein Gott, erhöre mich!
Erleuchte meine Augen wieder,
sonst sink ich in den Tod darnieder,
und so vergeh ich jämmerlich!
Nie rühm‘ mein Feind: »Den überwand
ich auch durch meine starke Hand!«
Kein Feind – wirst Du mir Hilf verleihen –
soll je sich meines Falles freuen,
denn Deine Macht ist mir bekannt.
HERR, Dir vertrau, Dir hang ich an,
da Dein Erbarmen retten kann.
Oft jauchze ich in meinen Schmerzen
ob Deinem Heil und sing von Herzen:
HERR, Du hast stets mir wohlgetan!
Am Ende des Psalms ertönt von den Lippen Davids wieder ein Loblied. Wir sollten daraus lernen, dass wir uns von Neuem freuen können, wenn wir immer wieder von der Güte Gottes erzählen und uns Seine Wohltaten ins Gedächtnis rufen, selbst wenn wir dabei nur wenig empfinden.
In Psalm 56 bringt David ebenfalls unter schwierigsten Umständen sein Vertrauen auf Gott zum Ausdruck. Er denkt nach über die Güte des Herrn und über Sein Wort. Wieder vereinen sich seine Gefühle mit seinem Verstand. Die Worte des Psalmisten in Psalm 61,3 haben in bestimmten Zeiten für alle Gläubigen einen vertrauten Klang: »Vom Ende der Erde rufe ich zu Dir, da mein Herz verschmachtet: Führe du mich auf den Felsen, der mir zu hoch ist!« Wieder empfindet der Psalmist durch das Nachdenken über Gott, das Vertrauen in Seine Güte und das Danken ein Hochgefühl.
Psalm 42 (von den Söhnen Korahs) ist ein hervorragendes Beispiel, wie unser deutlich im Gebet ausgesprochenes Bekenntnis über unseren Glauben an die Treue Gottes unsere Stimmung heben kann. Auch der von Asaph verfasste Psalm 77 verdeutlicht den großen Wert des Lobpreises für eine Wiederbelebung von totgeglaubten Gefühlen. Wir sollten uns im Lobpreis alle uns zuteil gewordenen Segnungen und auch die übergroße Güte Gottes vergegenwärtigen und genau betrachten. Niemals aber sollten wir Gott gegenüber in ein einsames Schweigen verfallen.
Zum Lobpreis fügen wir zwei weitere Maßnahmen gegen die Herzenskälte hinzu. Das erste Hilfsmittel ist ein in alle Einzelheiten gehendes Nachdenken über die vielen bedeutenden Gebetserhörungen, die uns der Herr in den letzten Wochen oder sogar Monaten und Jahren geschenkt hat. Wir sollten uns darum bemühen, uns an die Wege zu erinnern, die Gott mit uns gegangen ist, und Ihm dafür danken. Vielleicht ist es hilfreich, diese Gebetserhörungen niederzuschreiben, damit man sie beim Gebet gleich zur Hand hat.
Wir haben bereits ein weiteres Hilfsmittel für die »Gefühlsproblematik« erwähnt. Hier geht es darum, in unseren Gebeten der Fürbitte den ersten Platz einzuräumen. Wenn wir vor dem Gebet kühl und distanziert sind, aber dann vor Gott für andere eintreten, denken wir weniger an unsere eigenen Gefühle und Schwierigkeiten. Wir konzentrieren uns stärker auf die Bedürfnisse der anderen, und auf diesem Weg kann auch unser Herz wieder bewegt werden. Unser Dienst der Fürbitte ist nicht nur ein Segen für andere, sondern auch für uns.
WAS TUN BEI GEISTIGER MÜDIGKEIT?
Was können wir tun, wenn unsere Gebetszeit erschwert wird durch Müdigkeit, Konzentrationsschwäche oder Vergesslichkeit? Dieses Problem können wir lösen, wenn wir kürzer und häufiger beten, und zwar mehrmals am Tag, immer, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet. Wir sollten auch öfter ein paar Sätze als »Stoßgebete« formulieren. Wiederholtes Gebet erwähnt auch David in Psalm 55 (einem seiner Psalmen der Verzweiflung): »Abends, morgens und mittags will ich beten und ringen, so wird Er meine Stimme hören« (V. 18). Häufig gesprochene Gebete sind ein sicheres Hilfsmittel gegen die Müdigkeit.
Abschweifenden Gedanken und der Konzentrationsschwäche wirkt man auch entgegen, indem man sein Gebet in mehrere Teile zerlegt. Wenn Ihre Gedanken abschweifen, hören Sie auf zu beten. Warten oder lesen Sie fünf Minuten lang, und dann beten Sie weiter. Ein weiteres bewährtes Hilfsmittel für die Konzentration ist die Verwendung von Notizen beim Gebet. Diese Methode sollten wir alle von Zeit zu Zeit anwenden, denn dadurch erlernen wir eine gründliche Vorgehensweise. Besonders wertvoll ist sie natürlich, wenn wir unsere Gedanken nicht zusammennehmen können. Schreiben Sie sich Ihre Gebetsanliegen auf, und denken Sie nicht, dieses Hilfsmittel sei banal. Notieren Sie alle Situationen und Personen, für die Sie beten wollen. Vergessen Sie die Einzelheiten nicht. Während Sie beten, können Sie immer auf diese Liste zurückgreifen. Die Liste gibt Ihnen die Struktur Ihres Gebets vor, und so können Sie zielgerichtet beten. Es ist gut, wenn Sie sich für jedes Gebetsanliegen von Tag zu Tag unterschiedliche Einzelheiten notieren. Dann sind die aufeinander folgenden Gebetszeiten immer ein wenig anders, und Sie können konzentriert und zielbewusst beten.
Der nächste Rat klingt vielleicht wie ein Verstoß gegen die Regel, nicht zu plappern wie die Heiden. Aber das ist nicht wirklich der Fall. Wenn man müde ist und es einem schwer fällt, für andere zu Gott zu flehen und seine Gedanken himmelwärts zu richten, kann es eine Hilfe sein, jedes Gebetsanliegen zwei Mal zu erwähnen. Auf diesem Weg kann man sich besser konzentrieren, und oft wird dem Beter die Ernsthaftigkeit eines Anliegens bewusst. Vielleicht sollte man es sich nicht unbedingt angewöhnen, immer auf diese Art zu beten; aber ein Gebet kann dadurch mehr Aussagekraft bekommen. Dabei behalten wir durchaus die scharfe Kritik unseres Herrn und Erlösers am »sinnlosen Geplapper« im Auge. Schließlich wollen wir mit diesem Hilfsmittel unserer Bitte mehr Aufrichtigkeit und Nachdruck verleihen und nicht zu einer gebetsmühlenartigen Wiederholung von leeren Beschwörungsformeln auffordern.
BETEN MIT DER BIBEL
Ein weiteres kostbares und bewährtes Hilfsmittel für übermüdete Beter ist das Beten mit der Bibel. Suchen Sie sich für Ihre Gebetszeit einen Abschnitt aus der Bibel aus (der Epheserbrief ist sehr gut dafür geeignet). Lesen Sie einen Vers oder eine Zeile, und dann sprechen Sie den Text als Gebet. Danken Sie Gott für die im jeweiligen Text enthaltene Wahrheit. Loben und preisen Sie Ihn dafür! Beten Sie Gott an für die Verheißung, das Gebot oder die Ermahnung und für deren Bedeutung. Stellen Sie sich unter das jeweilige Wort und verpflichten Sie sich zum Gehorsam. Tun Sie Buße, wenn ein Wort Ihnen eine Sünde bewusst macht. Dann lesen Sie den nächsten Vers oder die nächste Zeile. Nehmen Sie sich Zeit, um darüber nachzudenken und zu beten. Wenn wir so vorgehen, lassen wir das Wort Gottes über unsere Gebetsanliegen entscheiden. Mit dieser Methode erfüllen wir sicherlich nicht alle unsere Verpflichtungen als Beter; aber in Notzeiten kann sie uns helfen, unser Herz wieder auf den Herrn auszurichten.
UNERWÜNSCHTE GEDANKEN ABWEHREN
Welches Hilfsmittel gibt es gegen Zorn, Bitterkeit, Eifersucht oder andere unerwünschte Gedanken und Empfindungen, die unsere Gebetszeit stören? Diese »Eindringlinge« müssen mit großer Entschiedenheit und Festigkeit zurückgewiesen und vertrieben werden. Wir müssen die bösen oder unangebrachten Gedanken im wahrsten Sinne des Wortes abtöten. Vielleicht dringen diese Gedanken in Ihre Gebetszeit ein, weil wir ihnen schon seit längerer Zeit einen gewissen Spielraum zugestanden haben – oder anders ausgedrückt: Wir haben sie nicht von uns gewiesen und im Gebet Gott überlassen, sondern wir haben sie angereichert mit Selbstmitleid oder mit Groll gegen jemanden, der uns Unrecht getan hat. Wenn das der Fall ist, müssen wir diese Verhaltensweisen bereuen und darüber Buße tun, bevor wir ins Gebet gehen.
Aber wenn die unerwünschten Gedanken oder Gefühle auf gerechtfertigter Trauer oder Enttäuschung beruhen, sollten wir trotzdem die Zeit, in der wir uns mit ihnen beschäftigen, begrenzen und ihnen während unserer Gebetszeit einen Riegel vorschieben. Neben dem feierlichen Versprechen, diesen Eindringlingen keinen Raum zu lassen, können manche der bereits erwähnten Hilfsmittel bei Herzenskälte oder Konzentrationsschwäche uns auch hier helfen, an unseren Gebetsanliegen festzuhalten.
DAS PROBLEM
Ein gewisser Fatalismus nimmt unserem Gebet unweigerlich die Leidenschaftlichkeit. Es fällt uns schwer, für Kranke zu beten, wenn wir jede Bitte mit einem resignierten »wenn es Dein Wille ist« beenden. Es ist zwar richtig, diese Worte zu gebrauchen, aber falsch ist es, sie in einem fatalistischen Sinne zu verstehen. Wir müssen uns bewusst machen, dass für Gott das Gebet ein Bestandteil im Prozess des Segnens ist und Er es deshalb zu einem Werkzeug machen kann. Sein Gebot, mit Inbrunst zu beten, hat einen Sinn und Zweck. Er hat nicht vor, uns ganz und gar zu ignorieren.
In der Bibel ruft Gott mich zum Gebet auf, und ich muss auf diesen Ruf reagieren. Er verheißt mir Seinen Segen, wenn ich gehorsam bin. Er rührt mein Herz an und legt den Wunsch zu beten hinein; aber ich kann mich trotzdem verweigern. Ist Gott etwa schuld daran? Hat Er vielleicht ein wichtiges »Bindeglied« weggelassen, als Er zu meinem Herzen sprach? Nein, denn es ist meine Schuld. Wenn ich nicht bete, werde ich den damit verbundenen Segen nicht empfangen.
Das Wort Gottes sagt uns, dass unsere Gebete bei Gott tatsächlich etwas bewirken. Er hat offenbar schon vor Grundlegung der Welt unsere Gebete in Seine Überlegungen mit einbezogen. Er freut sich, wenn Er uns beten hört, und Er verpflichtet sich, auf unsere Gebete zu reagieren. Es stimmt wirklich: »Ihr habt es nicht, weil ihr nicht bittet« (Jak. 4,2).
Wir können voller Inbrunst beten, wenn wir die feste Zuversicht haben, dass Gott unser Schreien beachtet und sich von Seinen Kindern überreden lässt, im Einklang mit Seinem geheimen und geheimnisvollen Willen. Wir müssen die Worte Christi wörtlich nehmen, auch diejenigen, die dem Apostel Johannes gegeben wurden.
»Bittet, so wird euch gegeben; sucht, so werdet ihr finden; klopft an, so wird euch aufgetan!« (Mt. 7,7).
»Und das ist die Freimütigkeit, die wir Ihm gegenüber haben, dass Er uns hört, wenn wir Seinem Willen gemäß um etwas bitten« (1.Joh. 5,14).
WARUM WIR MIT UNSEREN BITTEN ZU GOTT KOMMEN MÜSSEN
Probleme im Gebetsleben werden oft schon entschärft, wenn wir über den Sinn und Zweck des Gebets nachdenken. Es folgt eine kurze Zusammenfassung der in diesem Buch bereits geäußerten Gedanken.
Wir sind aufgefordert, mit unseren Bitten zu Gott zu kommen, weil das Gebet die Souveränität, die Macht und Majestät Gottes bekräftigt. Allein die Tatsache, dass wir Gott um jede Art von Segen bitten und Ihm dann dafür danken müssen, macht uns immer wieder bewusst, welche Rolle Gott in unserem Leben spielt. Er lenkt unser Leben und sorgt für uns. Wir sind in allem auf Seine Führung und Seine Fürsorge angewiesen. Wenn wir nicht beten müssten, wäre uns das alles nicht bewusst. Aber durch das Gebet ordnen wir uns immer wieder neu Seiner Macht unter.
Das Gebet weckt in uns ein tiefes Bewusstsein über die Güte Gottes. Wenn wir unsere Sünden bekennen, erfahren wir Seine vergebende Liebe. Wenn wir Ihn um Hilfe oder in einer dunklen Stunde um Licht anflehen, greift Er ein und hilft uns. Dann können wir über Seine Freundlichkeit nur staunen. Wenn uns solche Segnungen ohne Gebet zuteil würden, könnten wir die Güte und Macht Gottes nicht wirklich schätzen.
Durch das Gebet treten wir als Gläubige in eine Gemeinschaft oder Wechselbeziehung mit Gott ein. Würden wir das Gespräch mit Gott suchen, wenn wir Ihn nicht um alles bitten müssten?
Das Gebet lehrt uns auch etwas über unsere privilegierte Stellung als Gläubige. Welches größere Vorrecht kann es geben als die Möglichkeit, sich einem mächtigen Gott zu nähern, der bereit ist, sich von Seinen Kindern bestürmen zu lassen? Wir haben vielleicht nicht die Gelegenheit, von den Großen dieser Welt in einer Audienz empfangen zu werden. Auch wenn das möglich wäre, so wäre unser Einfluss auf diese Mächtigen wohl äußerst gering. Doch der König der Könige und der Herr der Herren hat immer ein offenes Ohr für uns.
Das Gebet ist unser bester Lehrmeister, wenn es um unsere Begrenzungen und unsere Unzulänglichkeit geht. Im Garten Eden wollten Adam und Eva unabhängig sein. Sie glaubten, Gott würde ihnen Fähigkeiten und Einsichten vorenthalten, mit deren Hilfe sie ohne Ihn auskommen könnten. Durch das Gebet lehrt Gott uns, den umgekehrten Weg zu gehen und unsere totale Abhängigkeit von Ihm zu erkennen.
Das Gebet befreit uns auch vom Stolz. Wenn Gemeinden sich praktisch von allein, ohne Gebet, füllen würden, so würden die Prediger sehr viel von sich halten und alle Ehre für sich beanspruchen. Wenn wir ein heiliges Leben führen oder irgendetwas von Bedeutung ohne Gebet bewerkstelligen könnten, wüssten wir vor lauter Arroganz nicht mehr wohin. Das Gebet rückt unsere Lebenseinstellung wieder zurecht und lässt uns demütig bleiben.
Das Gebet macht uns auch frei von Eigeninteresse und Selbstsucht, weil wir erkennen müssen, dass wir nicht haben und machen können, was wir wollen. Irdische Ziele und Eigensucht bleiben einem betenden Gläubigen »im Hals stecken«. Die Notwendigkeit, den Herrn wegen jeder wichtigen Entscheidung um Hilfe zu bitten, dient als »Appetitzügler«. Ohne Gebet würden wir vielleicht unseren Gelüsten nachgeben; aber wir wagen es nicht, Gott bei Maßlosigkeit oder bei »Streicheleinheiten« für unser Ich um Seinen Segen zu bitten. Das Gebet ist also so etwas wie ein Warnschild. Es hilft uns, von uns wegzuschauen. Wir wissen, dass wir für andere beten müssen. Wenn wir das tun, haben wir automatisch mehr Interesse an deren als an unserem eigenen Wohlergehen. Deshalb befreit uns das Gebet weitgehend von dem Götzen mit dem Namen »Ich«.
Das Gebet wirkt immer aufbauend für unseren Glauben, weil unsere »Datenbank« mit Gebetserhörungen ständig wächst. Manchmal zögert Gott Seine Antwort hinaus, bis wir häufiger und ernsthafter beten. Dadurch wird unser Vertrauen auf Ihn weiter gefestigt. Die mächtige »Beweislast« von Gebetserhörungen in der Vergangenheit bewirkt in uns ein vertrauensvolles Festhalten an der Tatsache, dass Er uns auf Seine vollkommene Art und zu Seiner Zeit segnen wird.
Das Gebet stärkt nicht nur unseren Glauben, sondern auch unsere Zuversicht. Auch wenn wir nichts empfinden, zeigt sich die väterliche Güte Gottes in Gebetserhörungen. Nichts ist so bewegend wie die Erfahrung, dass Gott unser Gebet erhört.
Das Gebet lässt uns als Gläubige erkennen, dass wir niemals allein sind. Wir können immer beten, unter allen Umständen und an jedem Ort.
Das Gebet ist auch ein großer »Gleichmacher«. Es lehrt uns, dass in den Augen Gottes keiner Seiner Diener größer ist als ein anderer. Paulus bat andere, für ihn zu beten, als ob seine Brauchbarkeit davon abhinge, und das war ja auch der Fall. Die Gläubigen hatten durch ihre Fürbitte einen Anteil an seinem Dienst. Dem Apostel Paulus dagegen war bewusst, dass er als normaler Sterblicher denjenigen glich, die für ihn beteten. Weil er wusste, wie sehr er von ihren Gebeten abhängig war, darum war Paulus auch frei von jeder Selbstüberschätzung.
Das Gebet führt zwangsläufig zur Buße. Wenn wahre Gläubige sich Gott nähern, schämen sie sich ihrer Sünde und suchen Reinigung.
Als unser Herr und Erlöser Seine Jünger das Vaterunser lehrte, hatte Er ihnen noch nicht gesagt, dass sie den Vater immer in Seinem Namen ansprechen sollten. Aber die Zeit sollte kommen, dass Er dieses für Christen so wichtige Prinzip bekannt machte. Mit dem Blick auf Seine Auferstehung und Himmelfahrt sowie das darauf folgende Zeitalter verkündete der Herr diese goldene Regel:
»Und an jenem Tag werdet ihr Mich nichts fragen. Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Was auch immer ihr den Vater bitten werdet in Meinem Namen, Er wird es euch geben! Bis jetzt habt ihr nichts in Meinem Namen gebeten; bittet, so werdet ihr empfangen, damit eure Freude völlig wird!« (Joh. 16,23-24)